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Forschungsprojekt “Antike Hafenmetropole Meninx auf Djerba”

Seit 2015 untersuchen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Bayerische Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Institut für Kulturerbe (INP) in Tunis im Rahmen eines tunesisch-deutschen Forschungsprojektes die antike Hafenmetropole Meninx auf Djerba.

Nach weitläufigen Magnetometer-Erkundungen im Jahr 2015 wird seit Herbst 2017 die Stadtgeschichte von punischer Zeit bis in die Spätantike im Zusammenwirken von stratigraphischen Grabungen, geophysikalischer Prospektion und unterwasserarchäologischen Forschungen untersucht. 2018 wurde mit Förderung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Einrichtung eines Archäologischen Parks in Meninx begonnen, um die Antikenstätte und die laufenden Forschungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Geleitet wird das Projekt von Stefan Ritter (Institut für Klassische Archäologie der LMU) und Sami Ben Tahar (Institut National du Patrimoine, Tunis).

Die Hafenmetropole Meninx liegt im Südosten Djerbas am Meer und war in der Antike der Hauptort der Insel, die bis ins 3. Jh. n. Chr. gleichfalls diesen Namen trug. Die überregionale Bedeutung der Hafenstadt beruhte darauf, dass sie eines der wichtigsten Produktionszentren von Purpur im gesamten Mittelmeerraum war (Plin. n. h. 9, 127). Die bereits in punischer Zeit existierende Stadt erlebte im 2. und 3. Jh. n. Chr. eine wirtschaftliche und bauliche Blütezeit und florierte bis in die Spätantike. Gleichwohl ist die weitläufige, sich entlang der Mittelmeerküste erstreckende Stadtanlage bislang nur sehr partiell bekannt.

Das Areal der antiken Stadt bietet sich auf den ersten Blick recht unspektakulär dar. In dem flachen, leicht hügeligen Küstengelände sind, zwischen ausgedehnten Abfallhaufen von Purpurschneckengehäusen, lediglich die spärlichen Mauerreste weniger, weit verstreuter Bauten zu erblicken. Aber bereits beim zweiten Blick wird das enorme Potential der Stätte deutlich. Im Bereich um das Forum liegen etliche reich dekorierte marmorne Architekturglieder, die von der Existenz prächtiger Monumentalbauten und vom Reichtum der Stadt in der mittleren und späteren Kaiserzeit zeugen.

Nachdem die Hafenmetropole Meninx im mittleren 19. Jh. identifiziert worden war, setzten mit der Einrichtung des französischen Protektorats in Tunesien 1881 sporadische Ausgrabungen ein. In den Jahrzehnten bis zum Ersten Weltkrieg wurden unter der Ägide französischer Militärs einzelne Ruinen freigelegt, darunter zwei außerhalb der Stadt gelegene christliche Basiliken. Nach längerer Unterbrechung wurde 1942 unter Leitung von P. M. Duval das mutmaßliche Forum ausgegraben; hierbei kamen, neben marmornen Baugliedern, auch einige monumentale, mit Barbaren und Victorien verzierte Reliefpfeiler zutage, die nach Tunis und Paris verbracht wurden und ausnahmsweise zu einiger Bekanntheit gelangten. Die Ergebnisse der frühen Freilegungsaktivitäten aber wurden nie zusammenhängend publiziert, so dass Meninx weitgehend in Vergessenheit geriet.

(Plan: Drine – Fentress – Holod 2009, Abb. 10, 3)
(Plan: Drine – Fentress – Holod 2009, Abb. 10, 3)

Systematische archäologische Untersuchungen begannen erst im Rahmen eines fünfjährigen Survey-Projektes, das unter Leitung von Ali Drine, Elizabeth Fentress und Renata Holod (in Kooperation zwischen dem Institut National du Patrimoine, der American Academy in Rome und der University of Pennsylvania) von 1996 bis 2000 auf Djerba durchgeführt wurde (http://www.sas.upenn.edu/jerba). Ziel war es, die Geschichte der Insel anhand ihrer materiellen Hinterlassenschaft von prähistorischer Zeit bis in die Gegenwart zu untersuchen. Bei dieser geographisch wie chronologisch weitgefassten Zielsetzung stand Meninx zwar nicht im Zentrum, doch wurde die Erforschung der Stadt durch verschiedene Untersuchungen vorangebracht.
In Meninx und seinem weiteren Umfeld wurde zunächst 1997 auf einem Gebiet von 42 ha ein intensiver Keramik-Survey unternommen. Sodann wurden zwischen 1997 und 2000 im Stadtzentrum fünf kleine Grabungsschnitte angelegt, wobei unter anderem südwestlich des Forums zwei kaiserzeitliche Wohnhäuser teilweise freigelegt und zuletzt ein großer Speicherbau ausgegraben wurde. Und im Jahre 2000 wurden der Forumsplatz einschließlich eines südlich angrenzenden Küstenstreifens sowie ein weiteres Areal weiter im Südwesten mittels einer Magnetometerprospektion erkundet.

Diese Untersuchungen erbrachten wichtige neue Erkenntnisse zur Stadtgeschichte der Hafenmetropole Meninx:

Das Spektrum der Survey-Keramik ergab Hinweise auf bis ins 4. Jh. v. Chr. zurückreichende Siedlungsaktivitäten. Nach Ausweis einiger Sondagen lag der Siedlungskern der hellenistischen Stadt offenbar im Bereich des späteren Forums, wogegen sich in dem südwestlich angrenzenden Gebiet keine Indizien für eine bereits vorkaiserzeitliche Bebauung fanden.
In der zweiten Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. kam es zu einer beträchtlichen Ausdehnung der Stadt. In dem Küstenbereich südwestlich des Forums, wo das (im Magnetometerbild erfasste) Macellum und die (ausgegrabenen) Horrea liegen, fanden rege Bauaktivitäten statt. An der Peripherie des stark angewachsenen Stadtraumes entstanden größere Handwerksviertel, wobei insbesondere die Amphorenproduktion eine wichtige Rolle spielte. Der wirtschaftliche Boom stand primär in Zusammenhang mit der regen Purpurproduktion, für die nach dem Zeugnis des Plinius, der Meninx in einem Atemzug mit Tyrus erwähnt (Plin. n. h. 9, 127), die Stadt spätestens im 1. Jh. n. Chr. weithin berühmt war.
In der ersten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. setzte eine grundlegende Neugestaltung des Forumsplatzes ein. Damals wurde die Forumsbasilika errichtet, und die weit verstreut liegenden Architekturglieder deuten auf die Existenz mehrerer Tempel, bei denen nun in großem Umfang auch importierter Marmor eingesetzt wurde. Der städtebauliche Boom, von dem auch andere Großbauten wie das Theater, die Nord-Thermen oder das Amphitheater zeugen, setzte sich im 3. Jh. n. Chr. fort. Vielleicht schon im 2. Jh. n. Chr. wurde Meninx durch einen im Südwesten der Stadt beginnenden, unter dem heutigen Fahrdamm liegenden Damm mit dem Festland verbunden.
Im 4. und 5. Jh. n. Chr. dehnten sich infolge einer enormen Intensivierung der Purpurproduktion die an der Peripherie gelegenen Produktionsstätten in Richtung des Stadtzentrums aus, wie die mächtigen Abfallhaufen an Schneckengehäusen eindrücklich zeigen.
Als die Purpurproduktion nach der byzantinischen Eroberung 530 n. Chr. zum Erliegen kam, wurde die Hafenmetropole Meninx allmählich verlassen. Im 7. Jh. n. Chr. war sie offenbar kaum noch besiedelt, und ihre Ruinen dienten fortan nur noch zur Gewinnung von Baumaterial.

Die auf die Antike bezogenen Ergebnisse des Djerba-Projektes wurden 2009 in monographischer Form publiziert: in dem Band A. Drine – E. Fentress – R. Holod (Hrsg.), An Island through Time: Jerba Studies 1. The Punic and Roman Periods, JRA Suppl. 71 (Portsmouth 2009). Diese Publikation ist das Standardwerk zu Meninx, in dem der bisherige Kenntnisstand übersichtlich zusammengefasst und bequem für weitere Forschungen verfügbar gemacht ist.