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Archäologie

Naturwissenschaftliche Ergebnisse belegen Gründung Karthagos zur Zeit der mythischen Ansiedlung durch Prinzessin Dido

Im Rahmen der Erforschung der antiken Mittelmeermetropole Karthago durch das Deutsche Archäologische Institut (Rom) und das Institute National du Patrimoine (Tunis) konnte in enger Zusammenarbeit mit Tübinger Wissenschaftlern des SFB mit 1070 Ressourcen eine 14C-Datierungsreihe zur Untersuchung der Siedlungschronologie der frühen phönizischen Stadt durchgeführt werden. Dabei wurden u.a. Rinderknochen aus den ältesten Siedlungsschichten im Grabungsareal an der Rue Ibn Chabâat untersucht, dem „Quartier Didon“, einem Wohnviertel mit hochaufragend erhaltener, archaischer Bebauung in der Küstenebene der phönizischen Stadt. Die 14C-Untersuchungen dieser Knochen aus dem archaischen Siedlungsareal erbrachten durchgehend Datierungen, die in die Zeit zwischen 850 und 800 v. Chr. weisen.

Die Datierungen fallen damit in jene Zeit, die antike Historiker für die Gründung Karthagos ansetzen: nach Timaios von Tauromenion im 38. Jahr vor der ersten Olympiade (814/13 v. Chr.), nach Menander von Ephesos, der sich auf Dokumente aus Karthagos Mutterstadt Tyros beruft, im siebten Regierungsjahr des tyrischen Königs Pygmalion (zwischen 825 und 820 v. Chr.). Da die methodisch voneinander unabhängigen historischen und naturwissenschaftlichen Datierungsverfahren sich gegenseitig stützen, kann nun mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Gebiet Karthagos bereits in der 2. Hälfte des 9. Jhs. besiedelt war.

Quartier Didon: Blick in die Tiefe der Zeit

Das „Quartier Didon“, wie das Grabungsareal an der Rue Ibn Chabâat zukünftig genannt werden wird, bietet aufgrund der hervorragenden Erhaltung gerade der archaischen Befunde einen für Karthago einzigartigen Einblick in die Frühphase der Siedlungsgeschichte der phönizischen Kolonie. Hier waren auf einer Fläche von knapp 550 m² bereits von Friedrich Rakob in den 1990er Jahren die Reste mehrerer archaischer Bauten freigelegt worden, die sich über einer Planierungsschicht aus Lehm erheben, mit der das zum Meer hin abfallende Siedlungsareal erschlossen wurde.

Nach neueren Forschungen handelt es sich bei diesen Baustrukturen um mindestens drei Häuser, deren Räume sich um Innenhöfe gruppieren und die über gemeinsame Außenmauern zu größeren Baueinheiten zusammengefasst werden. In den aus Kalkstein- und verputzten Lehmziegelmauern errichteten Häusern fanden sich mehrere Brunnen, Feuerstellen und Öfen, die einen Einblick in das Leben der phönizischen Kolonisten erlauben. Die einheitliche Orientierung der Häuser, die durch die Nutzung gemeinsamer Mauern deutlich wird, lässt bereits für die frühesten Bauten des „Quartier Didon“ auf eine einheitliche städtebauliche Planung schließen. Dieses stadtplanerische Konzept wird auch in den folgenden archaischen Bauphasen beibehalten. So lassen sich vielfache Umbauten und Geländeaufhöhungen in den Häusern nachweisen, die gründungszeitliche Orientierung der Bauten bleibt jedoch erhalten.

Die neuen Forschungen belegen nachdrücklich, dass Karthago von Beginn an in das Netzwerk der phönizischen Niederlassungen im zentralen und westlichen Mittelmeerraum integriert war, wie das reiche Fundmaterial der Grabungen zeigt. Neben lokal gefertigten Keramiken, belegen importierte Gefäße aus Spanien, Griechenland und dem östlichen Mittelmeer die weitreichenden Beziehungen der Siedler.

Quelle: IDW