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Reisewarnung verlängert: Laut Reiseverband DRV fehlt ein Konzept

Die Bundesregierung hat die weltweite Reisewarnung bis 14. September verlängert. Der Deutsche Reiseverband DRV sieht darin eine falsche undurchdachte Entwicklung, die fatale Folgen für die gesamte Branche und die über 160 betroffenen Ländern habe. Die Erholung der Weltwirtschaft werde ohne Reisen und Austausch nicht gelingen. Zudem fehle Klarheit, Verlässlichkeit und ein durchdachtes Test-Konzept: Erst beschließt die Bundesregierung Massentests für Rückkehrer als Risikogebieten, jetzt heißt es plötzlich doch Quarantäne. Kurzum: Die Bundesregierung vernachlässigt Fakten und verengt ein komplexes Problem auf Reiserückkehrer.

Die ganze Presseerklärung im Wortlaut (Deutscher Reiseverband, DRV)

Die heutige Entscheidung des Bundeskabinetts, die weltweite Reisewarnung zu verlängern, ist ein falsches Signal. „Die Bundesregierung vernachlässigt Fakten und verengt ein komplexes Problem auf Reiserückkehrer“, zeigt sich der Präsident des Deutschen Reiseverband (DRV), Norbert Fiebig, besorgt. Zugleich fehle der Bundesregierung ein durchdachtes Konzept bei den Tests für Reiserückkehrern: Erst beschließt sie vor wenigen Wochen Massentests für alle Reiserückkehrer aus Risikogebieten, dann muss die Regierung konstatieren, dass die Testkapazitäten dafür nicht ausreichen. „Dem politischen Zickzackkurs fehlt es an Klarheit und Verlässlichkeit. Damit verwirrt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Urlauber“, bemängelt DRV-Präsident Fiebig. Und jetzt untersagt die Bundesregierung mit der erneut verlängerten Reisewarnung de facto Reiseveranstaltern, Reisebüros und vielen touristischen Dienstleistern die Berufsausübung.

Richtig ist: Die Zahl der entdeckten Covid-Infektionen in Deutschland steigt. Das hat auch damit zu tun, dass sich die Testkapazitäten im August im Vergleich zum Frühjahr mehr als verdoppelt haben. Die Quote der Infektionen liegt gleichbleibend bei etwa einem Prozent. Heißt: Viele Tests erhöhen die absolute Zahl der entdeckten Infektionen, aber die Quote erhöht sich dadurch nicht. Durch die hohe Testung bleiben weniger Covid-Infektionen unerkannt. Das ist aus Sicht der deutschen Reisewirtschaft gut. Sie hat deshalb die ausgeweitete Teststrategie begrüßt, weil sie für Transparenz und Klarheit sorgt. In der politischen Debatte ist allerdings zwischenzeitlich der Eindruck entstanden, dass vor allem Reiserückkehrer für den Anstieg der Fälle verantwortlich sind. Das ist aus mehreren Gründen eine unzulässige Verengung der Debatte, die Fakten vernachlässigt:

Das RKI hat die Risikogebiete, auf die eine erhöhte Anzahl an Infektionen zurückzuführen ist, identifiziert. Es sind unter anderem das Kosovo, Serbien und Bosnien. Nicht klassische Pauschalurlauber sind also für einen Anstieg verantwortlich; sondern Reisende, die in diesen Gebieten in der Regel Familie, Verwandte und Freunde besuchen. Die bisherige Teststrategie der Bundesregierung und etwaige Quarantäneregeln reflektieren dies nicht ausreichend. Stattdessen lässt die Bundesregierung den Eindruck zu, der Finca-Urlaub auf Mallorca sei höchst gefährlich und Reisen ins Ausland könnten moralisch verwerflich sein. Dies reduziert ein komplexes Problem pauschal auf Reiserückkehrer aus dem Ausland. Und dies ist falsch. Pauschalreisen stellen keine größere Gefahr dar als Bus- oder Bahnfahrten in deutschen Großstädten. Die Bundesregierung trägt Verantwortung, dass hier nicht weiter ein falscher Eindruck entsteht.
Der wahrscheinlichste Ort sich anzustecken ist laut RKI Deutschland. Infektionen werden häufig bei großen Familienfeiern, am Arbeitsplatz und bei Freizeitaktivitäten weitergetragen. Oft spielt dabei eine Rolle, dass Abstands- und Hygieneregeln (AHA) im Alltag nicht ausreichend beachtet werden. Missachtungen der Covid-Regeln sind inakzeptabel und nicht zu tolerieren, nicht im Inland und nicht im Ausland. Es ist auch Aufgabe der Bundesregierung, intensiv für die Beachtung der AHA-Regeln zu werben und diese auch einheitlich in Deutschland zur Anwendung zu bringen. Der Ausflug zum benachbarten Badesee oder die Reise an Nord- und Ostsee oder in die deutschen Mittelgebirge ist bei Beachtung der AHA-Regeln nicht ungefährlicher oder gefährlicher als eine Reise nach Griechenland oder Portugal.
„Die pauschale Verlängerung der weltweiten Reisewarnung lässt aus Sicht des Deutschen Reiseverband den differenzierten Blick auf ein komplexes Problem vermissen. Sie schadet damit auch der Reisewirtschaft in Deutschland, Europa und weltweit. Eine ökonomische Erholung der Weltwirtschaft wird ohne Reisen nicht gelingen können. Dabei geht es in der ökonomischen Wirkung nicht nur um Urlaubsreisen. Die komplexen Auswirkungen der Reisewarnung in Kombination mit Quarantäneregelungen verhindern in großem Umfang auch Geschäftsreisen und beschädigen das Geschäft von exportorientierten Unternehmen. Geschäftsreisen werden nicht zu Vergnügungszwecken unternommen; sie sind für den Wirtschaftsstandort Deutschland auch auf lange Sicht nicht verzichtbar“, fasst der Präsident des DRV, Norbert Fiebig zusammen: „Die Bundesregierung setzt grenzüberschreitende Geschäftsreisende und Urlauber dem Generalverdacht aus, Verursacher einer wie auch immer gearteten zweiten Welle zu sein. Das ist nicht durch Fakten gedeckt und weder fair noch sachgerecht. Die Minister Maas, Spahn, Altmaier und Braun müssen daher hier ein deutlich höheres Maß an Ausgewogenheit erkennen lassen.“

Die Reisewirtschaft fordert von der Bunderegierung daher sachgerechte Entscheidungen:

  • Differenzierte Reisehinweise, die das Covid-Geschehen in den einzelnen Staaten und in deren Regionen angemessen beurteilt
  • Eine kluge Teststrategie, die auf die Regionen fokussiert, die nach Erkenntnisse des RKI hohe Infektionsrisiken bergen; dies schließt unterschiedliche Wege der Rückkehr nach Deutschland (beispielsweise auf dem Landweg) mit ein.
  • Rechtzeitige Kommunikation von Veränderungen bei Risikogebieten: Reisende und Urlauber, die sich bereits vor Ort in einer Destination befinden, sollten durch einen ausreichenden Vorlauf bei der Einstufung von Risikogebieten die Möglichkeit erhalten, sicher und ohne vorher nicht abzusehende Quarantäneregeln an ihren Heimatort zurückzukehren.
  • Ein negativer Covid-Test muss wie bisher eine Rückkehr nach Deutschland ohne Quarantäneregelungen ermöglichen.
  • Die Bundesregierung sollte prüfen, ob kostengünstige Schnelltests, die in kürzerer Zeit als die bisher im Labor ausgewerteten PCR-Tests zu Ergebnissen führen, nicht stärker zur Anwendung bei Ein- und Ausreisen eingesetzt werden können.
  • Eine realistische Darstellung von Infektionsrisiken und Infektionsorten; Reisen können bei Covid-Infektionen eine Rolle spielen; Reiserückkehrer sind aber nicht grundsätzlich verantwortlich für erhöhte Covid-Infektionen in Deutschland. Hier ist eine klare Kommunikation der Bundesregierung erforderlich.

Quelle: Deutscher Reiseverband DRV